August 2016

01.08.2016

Von 25 km führten 20 km entlang eines Kanals nach Monselice. Während unserer Pause stieß Hermann zu uns und wir gingen den restlichen Weg gemeinsam. Am Zielort angekommen fragten wir im Kloster nach einer Übernachtung. In diesem Moment kamen auch Sieglinde und Hans-Peter dazu. Letztlich konnten alle fünf Rompilger für eine Spende im Franziskanerkloster übernachten. Später aßen wir noch gemeinsam zum Abend und tauschten die ein oder andere Pilgergeschichte aus.

02.08.2016

Heute starteten wir zu dritt. Mit Hermann machten wir uns bei tollem Wetter auf nach Boara Pisani. Wir hatten schon landschaftlich schönere Tage hinter uns, allerdings haben wir heute viele nette Gespräche geführt. Unterwegs legten wir noch eine Pause in einem kleinen Cafe ein und aßen ein Eis. Nach 25 km erreichten wir unsere Pension in der auch wieder Sieglinde und Hans-Peter unterkamen.

03.08.2016

Der Tag startete heute bereits mit sommerlich, drückenden Temperaturen. Nach einer kurzen Zeit sammelten wir Herrman ein und liefen gemeinsam 28 Kilometer nach Polesella. Unterwegs wurde alles thematisiert, vom Buddhismus bis zur Seele der Pferde.
Außerdem ist es mir gelungen in perfektem Italienisch eine Unterkunft für diese Nacht zu buchen;-). Empfangen wurden wir dort mit Kaffee, Plätzchen und einer kalten Erfrischung von Lorena, der sehr gastfreundlichen Besitzerin.
Im B&B hatten sich neben uns dreien auch Hans-Peter und Sieglinde einquartiert, sodass schnell der Plan gefasst wurde, abends zusammen zu essen. Leider befand sich der nächste Supermarkt zwei Kilometer entfernt. Direkt am Anfang verliefen wir uns, wollten in einer Bar nach dem Weg fragen und trafen dort auf unsere Herbergsmutter, die Mitleid mit uns hatte und uns zum Einkaufen fuhr. So waren wir rechtzeitig zurück und verbrachten alle zusammen einen sehr schönen Abend.

04.08.2016

Wieder zu dritt machten wir uns auf den Weg nach Ferrara. Die ersten 13 km führten bei glühender Hitze auf dem hohen Deich entlang des Pos. Nach 22 km erreichten wir unser Hostel, in dem auch Sieglinde und Hans-Peter wieder nächtigten. Wir schauten uns ein wenig die Stadt an, die ein UNESCO Weltkulturerbe ist. Später aßen wir zusammen mit Hermann die ersten Spaghetti mit Pesto seines Lebens. Er war begeistert! Den Abend ließen wir noch einmal zu fünft bei einem Wein ausklingen, da Jonathans und mein Weg sich am nächsten Tag von den anderen trennen wird. Es war sehr schön die drei kennengelernt zu haben und vielleicht sieht man sich ja in Rom wieder...

05.08.2016    1.500 KM sind geschafft!

05.08.2016

Die anderen drei folgten nun also weiter dem Antoniusweg Richtung Bologna und wir gingen 30 km nach Morinella. Irgendwo zwischen den Dörfern zog ein starkes Unwetter auf, weshalb ich beschloß, bei einem Haus zu klingeln und nach Schutz zu fragen. Mit Händen gestikulierend machte uns die Besitzerin klar, dass wir in der Garage warten könnten. Nachdem das Gewitter vorbei war kam der Ehemann und winkte uns in den Garten. Dort durften wir uns an zahlreichen Obstbäumen- und sträuchern (Plaumen, Brombeeren, Feigen, Marillen) bedienen. Gestärkt machten wir uns wieder auf zu unserem Zielort, wo wir in einem kleinen, günstigen B&B unterkamen. Die Inhaberin hatte sich sehr gefreut, dass wir beide aus Hamburg kommen, da ihre Schwester dort lebt. Sie konnte auch ein wenig Deutsch sprechen und an den Stellen, an denen es mal haperte, schaute ihr Ehemann die Übersetzung bei Google nach. Bis spät abends unterhielten wir uns mit den beiden und fielen anschließend müde ins Bett. In der Nacht wurde ich kurz wach, konnte dann allerdings ein Weilchen ein nahezu geräuschloses und daher sehr spannendes Sommergewitter beobachten.

06.08.2016

Sehr entspannte 15 km spazierten wir nach Argenta, wo wir schon um 12:30 Uhr ankamen. Da wir unser Zimmer im B&B erst um 16 Uhr beziehen konnten, nutzten wir die Gelegenheit uns ein wenig in den Park zu legen, auszuruhen und jeder von uns verdrückte zwei Eis :-).
Unsere Unterkunft heute war ein Zimmer im Haus einer fünfköpfigen Familie. Bei der Ankuft stellten wir fest, dass die Eltern, im Gegensatz zu den meisten Italienern, fließend Englisch sprachen, sodass wir uns ausgiebig unterhalten konnten. Zur Begrüßung wurde uns, wie in vielen anderen Fällen zuvor, als erstes ein Bier angeboten (scheinbar ein Bild der Deutschen im Ausland;-)).
Sie schlugen vor gemeinsam zu Abend zu essen, diesen Vorschlag nahmen wir dankend an. Wir erfuhren, dass der Vater Sänger der in einschlägigen Kreisen bekannten Rock-Coverband "The Fuckers" und zudem Herausgeber von zwei Tattoo-Magazinen ist. Es wurde ein langer Abend mit interessanten Gesprächstemen und Rhabarberschnaps aus dem Black Forrest.

07.08.2016

Wir sind heute mit einem hervorragenden Frühstück in den Tag gestartet und außerdem ist Jonathan nun stolzer Besitzer einer CD voller Coversongs der "Fuckers".
Nach einer herzlichen Verabschiedung machten wir uns auf den Weg in das 25 Kilometer entfernte Anita. Gestern habe ich mir wohl einen leichten Sonnenstich zugezogen und fühle mich heute etwas platt. Das lag wohl daran, dass die Sonne gestern genau wie heute die ganze Zeit schien, aber durch den hier herrschenden Küstenwind kaum zu spüren ist. Die Strecke heute war landschaftlich nicht besonders schön und verlief fast ausschließlich schnurstracks-geradeaus. Genächtigt haben wir in einem Zimmer in einer zurzeit leerstehenden Polizeischule.

08.08.2016

Beim Aufwachen fühlte ich mich heute leider immer noch ziemlich schlapp und etwas kränkelig, sodass wir beschlossen am heutigen Etappenziel Ravenna einen Tag Pause zu machen. Die Strecke dorthin war sogar noch unangenehmer als gestern, da sie leider fast ausschließlich an einer viel befahrenen Straße entlang führte. Nach 28 Km erreichten wir das Hostel Dante, in dem wir uns gleich heimelig fühlten. Heute schlafen wir mit der Gewissheit ein, nach sehr langer Zeit mal wieder ohne den Wecker aufwachen zu können.

09.08.2016

In diesem Hostel gibt es leider eine "Lock-out-time" von 11 Uhr bis 14:30 Uhr, in der hier geputzt wird und man das Gebäude verlassen muss (kannten wir vorher so auch noch nicht). Wir gingen daher an den Strand, mieteten uns zwei Liegen mit Sonnenschirm und fühlten uns zwischen all den Strandurlaubern ein wenig fremd. Dennoch konnte ich bei dem warmen Küstenwind ein wenig schlafen und mich ausruhen. Am Abend gab es eine gesunde (ja, ungelogen!) Pizza zur Stärkung und wir fielen wieder früh in einen erholsamen Schlaf.

10.08.2016

Leider noch nicht ganz fit und auch um auf Nummer sicher zu gehen und meine Erkältung nicht ewig mit mir rum zu schleppen, machten wir heute noch einen Tag Pause. Auf der einen Seite war es schön, noch einmal auszuschlafen und in Ruhe zu frühstücken, auf der anderen Seite ist es komisch aus unserem gewohnten Rhythmus gerissen zu werden. Ich merkte jedoch, dass mir der zusätzliche Tag Pause gut getan hat! Nun freuen wir uns sehr morgen weiter zu gehen und unseren Weg gen Süd-Westen und Richtung Rom einzuschlagen.


Überall im Hostel gab es die ein oder andere “weise” Botschaft zu entdecken .....

11.08.2016

Recht schnell waren wir aus der Stadt hinaus und mitten in der Natur, am Ufer des Flusses Ronco. Vor uns schon die Berge des Apennins im Blick, die im Laufe des Tages deutlich näher rückten. Ab morgen ist die Po-Ebene nämlich vorbei, die Höhenmeter fangen wieder an und hören auch bis Rom nicht mehr auf.
Nach 31 km erreichten wir heute Forlì. Hier werden wir in einer "Ospitalità Pellegrina" der Kirche übernachten, also ein Zimmer mit Dusche das uns sogar kostenlos zur Verfügung gestellt wird. Wir wurden sehr nett von Gian-Paulo, einem freiwilligen Helfer der Kirche, aufgenommen. Obwohl er ungefähr genauso gut Englisch spricht wie Jonathan und ich Italienisch, verstanden wir uns prächtig! Neben der kostenlosen Übernachtung sollten wir zu Abend auch noch bekocht werden. Da jedoch ein Kommunikationsfehler zwischen der Köchin und Gian-Paulo auftrat, fiel das Essen leider flach. Kurz entschlossen drückte der liebe Paulo uns ein wenig Bargeld in die Hand, wovon er sich auch durch unseren Protest nicht abbringen ließ und fuhr uns schließlich sogar noch zum Supermarkt. Er erklärte uns, dass es für ihn selbstverständlich sei, Pilgern eine kostenlose Übernachtung und Mahlzeit zur Verfügung zu stellen. So eine Gastfreundschaft konnten wir kaum fassen, sind aber sehr dankbar für diese sehr herzliche Geste!

12.08.2016

Unser 29 km langer Weg nach Cusercoli führte fast ausschließlich durch wunderschöne Natur und über die beginnenden Ausläufer des Apenins. Der Beschilderung der Via Romea ist zudem seit Ravenna sehr gut zu folgen. Nach einer Weile machten wir in einem kleinen Ort im Schatten der Kirche eine kurze Pause. Plötzlich kam ein Auto angefahren, ein Mann stieg aus und winkte uns zu sich. Er erkundigte sich nach unserem Ziel und bat uns schließlich in das angrenzende Vereinshaus. Nachdem er erfuhr, dass wir Deutsche sind, bot er uns ein Bier an. Außerdem wurden wir mit Kuchen, Wasser und Kaffee versorgt. Gilberto erklärte uns, dass er der Präsident der Assoziation "In Molino" freiwilliger Helfer und unter anderem auch für den Ausbau der Via Romea verantwortlich ist. Er freute sich so sehr, Pilger im Haus zu haben, sodass er direkt mehrere Leute anrief und davon erzählte. Einer der Angerufenen war unter anderem der Vorsitzende der Via Romea Germanica, Flavio Foietta, der uns eine günstige Unterkunft für diese Nacht organisierte. Besonders begeistert war Gilberto übrigens von meinem Schlüssel. Er hielt ihn mehrfach in die Luft und rief: "La chiave di Sant' Pietro!" ("Der Schüssel zum Petersdom!"). Nach ca. zweieinhalb Studen und einer herzlichen Verabschiedung, wanderten wir die letzten Kilometer zu unserer reservierten Unterkunft und fielen nach dem Essen sofort ins Bett.

13.08.2016

Unser heutiges Etappenziel hieß Santa Sofia. Wie so häufig gelang es uns auch heute nicht unsere Herberge vor halb zehn zu verlassen, sodass wir uns bei bereits hochsommerlichen Temperaturen auf den Weg machten. Landschaft wie gehabt....;-)
In Santa Sofia angekommem fiel uns sofort auf, dass sich die Zeichen der Via Romea überall in der Stadt befanden, sogar auf dem Ortsschild. Zudem hatten wir größte Schwierigkeiten eine Bleibe zu finden, da dieses Wochenende das alljährliche Straßenkünstler-Festival stattfand und sämtliche Unterkünfte ausgebucht waren. Kurz davor weiterzugehen, entschloss ich mich eine Polizistin anzusprechen und nach einem Tipp zu fragen. Wie sich herausstellte, ist sie die Ehefrau von Flavio, dem Vorsitzenden der Via Romea Germanica, der uns bereits gestern unsere Herberge reservierte, und in Santa Sofia wohnt. Kurzerhand kam er vorbei und bat uns an, in seinem Gästezimmer zu übernachten, was wir dankbar annahmen. Abends wurden wir von Flavios Frau fürstlich bekocht und saßen noch lange mit ihm und seiner Familie zusammen. Dabei erfuhren wir, dass Flavio früher der Bürgermeister von Santa Sofia war, was auch die großzügige Beschilderung in der Ortschaft erklärt. Auch die Eltern von Flavios Frau kamen noch auf einen Grappa vorbei. Schließlich wurden wir noch mit den neuesten Merchandising Produkten der Via Romea ausgestattet.

14.08.2016

Beim gemeinsamen Frühstück mit Flavio erfuhren wir, dass wir durch einen nationalen Feiertag am Montag bereits an diesem Wochenende Schwierigkeiten haben würden, eine Unterkunft zu finden. Erneut war er uns daher bei der Suche behilflich und reservierte  einen Schlafplatz. Landschaft und Wetter stimmten heute auch wieder. Bei unserer ersten Pause in einem Restaurant gelang es uns nach einer langen Reihe von Gestiken und gebrochenem Italienisch, eine Art Alsterwasser zu bekommen, zwar mit Cola, aber immerhin. Nach 23 km erreichten wir Bagno di Romagna und unser Schlafquartier, ein von Nonnen des Franziskanerordens geführtes Gästehaus. Die Unterkunft war eigentlich komplett belegt, wir konnten dennoch unsere Schlafsäcke in den Waschraum legen. Wir wurden von den Nonnen sehr herzlich aufgenommen und fielen nach einem leckeren Essen in einer kleinen Pizzeria sofort ins "Bett".
 

15.08.2016

Mit ca. 1200 Höhenmetern und 24 km fällt heute auf jeden Fall unter die Top 3 der anstrengensten Tage. Dafür war allerdings vor allem der erste lange Anstieg landschaftlich besonders schön! Als wir nur noch wenige Kilometer vor uns hatten, unsere Wasservorräte aber schon eine Weile aufgebraucht waren, sahen wir auf einer Wiese viele Menschen an einer langen Festtafel sitzen. Als sie uns bemerkten, riefen sie uns zu sich und versorgten uns großzügig mit Wasser und Kuchen. Nach einem kurzen Plausch machten wir uns wieder auf den Weg und kamen erst 18:30 an unserem Zielort Chiusi della Verna an. Zum Glück hatte direkt die erste Pension, an der wir vorbei kamen, noch ein Zimmer frei. Nach unserer abendlichen Routine fielen wir ins Bett und schliefen tief und fest ein.

16.08.2016

Etwas schwerfällig kamen wir aus dem Bett und daher auch erst um 10 Uhr los. Nach einem langen Wandertag und 31 km erreichten wir Subbiano. Wir nächtigten in einem Zimmer im ansprechenenden Toskana-Stil und erhielten sogar einen Pilgerrabatt im Hotel "La Corte dell' Oca".

17.08.2016

19 km gingen wir nach Arezzo, einer sehr schönen Stadt mit vielen kleinen, interessanten Gassen. Dort kamen wir im Locanda "San Pier Piccolo" unter. Der Aufbau dieses Gebäudes ist sehr besonders, da es sowohl ein Theater, als auch das Locanda, also Restaurant mit Zimmervermietung, und einer angrenzenden Kirche ist. Der Betreiber der Locanda zeigte uns sogar den Durchgang zur Orgel der Kirche, welcher sich gegenüber unseres Zimmers befand. Von hier konnten wir einen Blick auf das Innere der Kirche werfen.

18.08.2016

Der freundliche Betreiber der Locanda gab uns ein Pilgerfrühstück aus und wir machten uns endlich mal wieder (für unsere Verhältnisse) pünktlich um 9 Uhr auf den Weg. Relativ schnell waren wir aus der Stadt raus und erreichten schon nach 4 Stunden und einer schönen Bergetappe unseren Zielort Rigutino. Hier kamen wir in der ersten richtigen Pilgerherberge der Via Romea unter. Von dem sehr herzlichen Besitzer Giovanni wurden wir zur Begrüßung umarmt und er bestand darauf, uns etwas zu kochen. Nur mit Zutaten aus der Region bekamen wir ein hervorragendes Essen mit leckerem Rotwein. Später zum Abendessen saßen wir noch mit allen Gästen der Herberge an einer langen Tafel beisammen. Neben einer großen Gruppe der Kirche aus Pozzuola (dort kommen wir auch noch durch) bestehend aus ca. 15 Jugendlichen und 5 Betreuern, nächtigte ein portugiesisches Ehepaar mit ihren 7 Kindern bei Giovanni. Es war ein buntes, lustiges Treiben und Unterhaltungen in verschiedenen Sprachen zu hören. Abschließend genossen Jonathan und ich mit Giovanni den bezaubernden Blick über die Stadt. Er erzählte uns, dass er bereits 8 unterschiedliche Pilgerwege gegangen ist. Mehrfach pilgerte er nach Santiago und in China und Afrika. Giovanni sieht sich in der Tradition der Templer, die früher im heiligen Land u.a. für den Schutz der Pilger verantwortlich waren. Mit seiner Herberge und seiner freundlichen, offenen Art hat er einen Ort geschaffen, an dem sich jeder Pilger nur wohlfühlen kann.

Giovanni,
der freundliche Herbergsvater!

19.08.2016

Unser Weg nach Cortona war heute beschwerlicher als gedacht, die Beschilderung ein wenig lückenhaft, sodass wir uns verliefen und 200 Höhenmeter mehr als geplant zurücklegen mussten. Auf der Strecke wurden wir auch noch von einem freilaufenden Schäferhund angebellt und verfolgt. Zudem liegt das wunderschöne Städtchen Cortona auf einem Berg und wie wir dort schmerzlich feststellen mussten, unsere Unterkunft in der Kirche am höchsten Punkt. Dafür hatten wir dort einen einmaligen Blick ins Tal. Der leicht gestresste Fra Stefano wischte unsere Frage nach dem Preis mit einer Handbewegung weg und eine Spende wollte er auch nicht annehmen. Er war mehr damit beschäftigt, das Wach-Schaf aus der Kirche zu befördern. Aufgrund der kostenlosen Übernachtung gönnten wir uns zum Abendessen eine Pizza und genossen den abendlichen Panoramablick.

20.08.2016

Zur Zeit ist irgendwie der Wurm drin, wir sind heute wieder erst um halb 10 los und auch die Hitze war schon deutlich spürbar. In der ersten Pause rief ich für unsere Übernachtung bei einer Azienda an. Schnell merkten wir, dass wir hiermit einen Glücksgriff gemacht haben. Die Besitzerin war sehr freundlich, sprach Deutsch und bot uns sogar an, unsere Rucksäcke auf halber Strecke abzuholen, was wir jedoch dankend ablehnten. Bei unserer Ankunft in Pozzuolo wartete sie bereits auf uns und führte uns zu der schönen Wohnung auf dem Gelände der Azienda. Sie hatte uns dort schon ein paar Getränke, Snacks und Obst bereitgestellt. Zudem konnten wir die vielen Freizeitmöglichkeiten kostenlos nutzen, kühlten uns im Pool ab und spielten eine Runde Boccia.

21.08.2016

Da wir noch ein paar Sachen einkaufen mussten (in Italien haben viele Geschäfte auch sonntags geöffnet), starteten wir wieder recht spät. Leider führte der Weg nach Paciano recht viel an der Straße entlang. Am Ende galt es noch ein ganzes Stück den Berg hinauf zu klettern, bis wir unsere Unterkunft, ein Zimmer im Restaurant "Il Casale", erreichten. Zum Abend genossen wir eine sehr leckere Pizza mit toller Aussicht und einem Sommergewitter in der Ferne. Nach einer Weile wurden wir von dem neben uns sitzenden niederländischen Paar angesprochen, ob wir die Rompilger seien. Sie verbringen ihren Urlaub in der Azienda "Romitorio" (unsere Unterkunft der letzten Nacht) und die Besitzerin hat ihnen von unserem Weg erzählt. Nach einer sehr netten Unterhaltung fielen wir schließlich wieder müde aber glücklich ins Bett.

22.08.2016

Fast ausgeschlafen machten wir uns auf den Weg nach Città della Pieve. Durch eine schöne, hügelige Landschaft wandernd, kamen wir schließlich schon um halb 12 an. Da es noch recht früh und die Temperatur durch einen leichten Wind sehr angenehm war, entschlossen wir uns noch eine Etappe weiter zu gehen. Über die Touristeninfo reservierten wir uns noch ein Hotelzimmer zum Pilgerpreis in Ficulle. Die letzten Kilometer führten wie gestern bergauf und wir erreichten, ein wenig geschafft, nach 37 km unsere Unterkunft.
 

23.08.2016

Heute war es mal wieder ein wenig abenteuerlich: wir sahen uns mit einem freilaufenden, recht hartnäckigen Hund konfrontiert, irrten ein wenig orientierungslos über einen Berg und mussten einen reißenden Fluss überqueren. Doch dann, schon aus weiter Ferne, entdeckten wir unseren Zielort Orvieto: Uns als Fußpilger erschließt sich die Tatsache, dass man damals so viele Städte ausgerechnet auf Berge gebaut hat, nicht ganz ;-). Nach 26 km hatten wir jedoch auch diese Etappe erfolgreich gemeistert. Unsere Unterkunft ist die Villa Mercede, ein religiöses Gästehaus. Ohne zu verhandeln erhielten wir das Zimmer erst 10€ günstiger, nachdem wir uns als Pilger vorstellten und weitere 10€, als wir unseren Pilgerpass für einen Stempel vorlegten. Wir wurden ausführlich in den Frühstückssal eingewiesen, den wir auch schon vor 8 Uhr benutzen dürfen.

24.08.2016

Heute um 04.01 Uhr habe ich folgende Nachricht an meinen Papa gesandt:
Puuhuuhh  Jonathan und ich sind gerade wach gerüttelt worden weil unser ganzes Zimmer gewackelt hat (03:45 Uhr)
Jetzt vibriert es immer noch leicht. Verrückt: Ich weiß nicht, ob das ein leichtes Erdbeben ist?!
Mit fällt keine andere Erklärung ein.

Um ca. 3:40 Uhr wurden Jonathan und ich unsanft aus dem Schlaf gerissen. Ganz unwirklich wie plötzlich alles bebte, unsere Betten wackelten und unsere aufgehängten Klamotten hin und her schwankten. Wir schauten uns ganz verdattert an und wussten nicht, was da gerade vor sich ging. Wir schauten aus dem Fenster, es war nichts zu sehen. Nach ein paar Sekunden hörte das Wackeln vorerst auf. Immer wieder spürte man jedoch leichte Vibrationen bis es ca. eine 3/4 Stunde später noch einmal stark bebte. Auf einer Internetseite, auf der Erdbeben registriert werden, hatte ich bis dahin auch heraus gefunden, dass sich in gut 100 km Entfernung ein starkes Erdbeben ereignete. Was für schlimme Ausmaße dieses nach sich ziehen würde, ahnten wir zu diesem Zeitpunkt noch nicht. Am nächsten Morgen sprachen alle, die in den Frühstückssal kamen, von der vergangenen Nacht. Kaum jemand wird dieses Ereignis verschlafen haben.
Ein wenig müde starteten wir unsere heutige Etappe nach Lubriano und mussten zur Abwechslung die Höhenmeter am Anfang bewältigen. Einer schönen Strecke folgten wir entspannte 16 km in den Ort, wo wir vergeblich unser B&B suchten. Gerade als ich in einer Bar nach dem Weg fragen wollte kam ein Mann auf mich zu, der der Vater der Inhaberin des B&Bs ist. Da er und seine Frau 20 Jahre in Deutschland gelebt haben, konnten wir uns ohne Probleme unterhalten. Da die Wohnung etwas außerhalb lag, nahm uns uns mit dem Auto mit und wir fuhren ein Stück die Strecke zurück. Sehr nette Gastgeber und eine tolle, günstige Wohnung! Später wurden wir sogar noch zum Einkaufen gefahren und wir konnten mal wieder richtig kochen.

25.08.2016    2.000 KM geschafft!!!!

Heute sind wir leider nur an der Straße gegangen und kamen nach 20 km in Montefiascone an. Ab hier trifft die Via Romea auf die Via Francigena, welche einer der am meist begangenen Pilgerwege in Italien ist. In unserer Unterkunft, einem Kloster, war dies sofort deutlich zu spüren. Auf den Fluren und in den Zimmern herrschte ein Gewirr aus Italiernen, Esten und Deutschen. Das Ganze ist nach drei Monaten nahezu ohne Mitpilger ziemlich ungewohnt.
Selbst von uns kaum bemerkt, haben wir heute die 2.000 km Marke durchbrochen!

26.08.2016

Wir folgten heute 19 km einer hervoragenden Beschilderung der Via Francigena (da beide Wege ab jetzt paralell verlaufen) nach Viterbo.  Es war etwas Neues für uns auch beim Gehen anderen Pilgern zu begegnen. Wir werden heute in einer Gruppenunterkunft nächtigten, die Jonathan sehr an die Herbergen von Jakobsweg erinnern, ein großer Raum mit vielen Stockbetten.

27.08.2016

Nach 19 km und 4 1/2 Stunden haben wir unser zweites Etappenziel Ebstorf erreicht. 

Zur Belohnung haben uns Papa und Johanna mit einem großen Topf Spaghetti mit Spargel und einer Flasche Wein empfangen.

28.08.2016

23 km nach Sutri gingen wir durch einen kühlen Wald, Olivenbaumplantagen und eine Urwald-artige Landschaft. Auf dem Weg trafen wir 4 Italiener aus Parma, die wir eine ganze Weile begleiteten und schließlich zusammen eine Pause einlegten. Zudem lernten wir die ersten tierischen Pilger kennen, zwei Papageien wurden von der Mutter in einem kleinen Käfig getragen. Sie erklärten uns, dass die beiden nicht alleine zu Hause sein könnten, da sie sich sonst die Federn ausreißen würden. In den Pausen und am Zielort werden sie auch aus ihrem Käfig gelassen. In Sutri angekommen machten wir uns auf die Suche nach einer Unterkunft. Nach einer Weile wurden wir von einem Südtiroler angesprochen, der uns fragte, ob er und seine Freundin uns ein Stück in Richtung Norden mitnehmen könnten. Wir kamen ins Gespräch und tranken noch zusammen einen Kaffee. Letztlich kamen wir in einem kleinen Hotel zum Pilgerpreis unter.

29.08.2016

7 km gingen wir nach Campagnano di Roma. Die erste Pause legten wir in einer netten Pilgerbar ein. Bei sehr hohen Temperaturen kühlten wir in der zweiten Pause unsere Füße in einem kleinen Bach. Genächtigt haben wir in einer wunderschönen Wohnung, die wir sogar für uns alleine hatten. Zur Begrüßung bekamen wir von der Vermieterin eine herrlich süße Wassermelone. Zum Abend haben wir mal wieder gekocht und die Vorräte für das Frühstück standen schon bereit.

30.08.2016

Der vorletzte Tag ist angebrochen und alles fühlt sich ein wenig unwirklich an. Morgen in Rom anzukommen, ist für uns immer noch unbegreiflich.
Auf dem Weg trafen wir die vier Italiener wieder, mit denen wir bis nach La Storta gingen. Dort erreichten wir nach 25 km unsere gemeinsame Unterkunft in einem Kloster, in dem noch ein paar weitere Pilger nächtigten. Eine Nacht noch, dann brechen wir zum letzten Mal auf: nach Rom!

31.08.2016      Die letzte Etappe!

Wie viele andere Pilger brachen wir heute etwas früher auf, ins nur noch 17 km entfernte Rom und verließen die Herberge um 7:30 Uhr. Der Weg führte uns hauptsächlich durch urbanes Gebiet. Als wir den Monte Mario erreichten und sich zum ersten Mal ein atemberaubender Blick auf die Stadt bot, zogen dunkle Gewitterwolken auf und es begann zu donnern. Kurz darauf begann es in Strömen zu regnen. Gott sei Dank fanden wir nach einer Weile Unterschlupf bei einer älteren, italienischen Frau, die uns auf einen Kaffee hinein bat.
Nach eineinhalb Stunden war das Gröbste vorbei und wir machten uns auf die letzen vier Kilometer unserer Reise. Ehe wir uns versahen, hatten wir den Petersplatz erreicht. Es nieselte immer noch leicht, der Petersplatz war voller Touristen in Regenponchos und mit uns kamen zwei weitere Pilger an, von denen einer auf die Knie fiel. So standen wir beide eine Weile sprachlos da.
Leider mussten wir dann jedoch direkt weiter ins Deutsche Pilgerzentrum, um uns eine Übernachtungsmöglichkeit zu organisieren. Dort angekommen, wurden wir leider nur wenig herzlich willkommen geheißen und mit einer Karte zu einer Herberge geschickt, wo man als Rom-Pilger zwei Nächte gegen eine Spende bleiben kann. Nachdem wir uns dort einquartiert hatten, schnappten wir uns unsere Rucksäcke und machten uns erneut auf zum Petersplatz, wo wir noch einmal in aller Ruhe ankamen und zu begreifen versuchten, dass wir nach über drei Monaten tatsächlich unser Ziel erreicht haben. Der schönste Moment für mich war, als wir unsere Rucksäcke absetzten und nebeneinander stellten, die Via Romea Fahne daran befestigten und diesen Moment, mit dem Petersdom im Hintergrund, einige Minuten genossen. Dennoch wird es seine Zeit brauchen, bis wir all dies wirklich verstanden haben.
Ein krönender Abschluss war das Willkommensritual, bei dem die freiweilligen Helfer unserer Unterkunft die Füße der neueingetroffenen Pilger wuschen und küssten. Schließlich aßen wir mit allen Pilgern gemeinsam zu Abend. Es war ein fröhliches Beisammensein von Italienern, Deutschen, Engländern, Franzosen und Amerikanern.

Wir sind am Ziel!

31.08.2016    ROM

Zeitungsartikel

Lüneburger Landeszeitung vom 10.09.2016